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    9. Juli 2024 · Lesezeit: 15 minuten

    Wie man eine Arztpraxis eröffnet: Schritt-für-Schritt Anleitung

    Die Eröffnung einer eigenen Arztpraxis ist ein großer Schritt und erfordert gründliche Planung und Vorbereitung. In diesem Artikel werden alle wichtigen Schritte von der Approbation bis hin zur Praxiswerbung detailliert erläutert. Diese Anleitung hilft Ihnen dabei, eine erfolgreiche Arztpraxis zu gründen und die notwendigen rechtlichen und administrativen Anforderungen zu erfüllen.

    1. Approbation

    Der erste Schritt auf dem Weg zur Praxiseröffnung ist die Erlangung der Approbation. Diese ist die staatliche Zulassung, die es Ihnen erlaubt, als Arzt tätig zu sein. In Deutschland erhalten Medizinstudenten nach dem erfolgreichen Abschluss des Studiums und des praktischen Jahres die Approbation. Sie ist Voraussetzung für die Berufsausübung und muss bei der zuständigen Landesbehörde beantragt werden. Dabei sind Nachweise über die bestandenen Prüfungen, das Praktische Jahr und weitere erforderliche Unterlagen einzureichen.

    2. Weiterbildung

    Nach der Approbation ist die Weiterbildung ein wichtiger Schritt. Diese kann mehrere Jahre dauern und führt zur Facharztanerkennung in einem bestimmten medizinischen Bereich. Die Weiterbildung umfasst praktische und theoretische Inhalte und erfolgt in Kliniken und Praxen unter der Aufsicht erfahrener Fachärzte. Die erfolgreiche Weiterbildung wird mit einer Facharztprüfung abgeschlossen. Die Facharztanerkennung ist oft notwendig, um eine spezialisierte Praxis zu eröffnen und um den Anforderungen der Patienten gerecht zu werden.

    3. Entscheidung: Eigene Praxis, Gemeinschaftspraxis oder Übernahme

    Bevor Sie eine Praxis eröffnen, müssen Sie entscheiden, ob Sie eine eigene Praxis gründen, einer Gemeinschaftspraxis beitreten oder eine bestehende Praxis übernehmen möchten. Jede Option hat ihre Vor- und Nachteile:

    • Eigene Praxis: Sie haben die maximale Unabhängigkeit und Entscheidungsfreiheit, tragen jedoch auch das volle finanzielle und unternehmerische Risiko. Die Gründung erfordert eine detaillierte Planung und hohe Anfangsinvestitionen.
    • Gemeinschaftspraxis: In einer Gemeinschaftspraxis teilen Sie sich die Kosten und die Verantwortung mit anderen Ärzten. Dies kann finanziell entlastend sein und den Austausch von Fachwissen fördern. Allerdings haben Sie weniger Entscheidungsfreiheit und müssen sich mit Ihren Partnern abstimmen.
    • Praxisübernahme: Die Übernahme einer bestehenden Praxis bietet den Vorteil, dass bereits eine Patientenbasis und eine bestehende Infrastruktur vorhanden sind. Dies kann den Start erleichtern und das finanzielle Risiko senken. Allerdings können die Übernahmekosten hoch sein und es ist wichtig, die Praxis gründlich zu prüfen, um versteckte Mängel zu vermeiden.

    4. Businessplan und Finanzplan erstellen

    Ein detaillierter Business- und Finanzplan ist unerlässlich, um Ihre Praxis erfolgreich zu starten und zu betreiben. Der Businessplan sollte Ihre Praxisstrategie, Zielgruppenanalyse und Marketingpläne umfassen. Beschreiben Sie Ihre medizinischen Leistungen, die angestrebte Patientengruppe und Ihre Alleinstellungsmerkmale. Der Finanzplan sollte alle anfallenden Kosten, erwarteten Einnahmen und Finanzierungsmöglichkeiten darstellen. Kalkulieren Sie Investitionskosten für Ausstattung, Miet- oder Kaufkosten, laufende Betriebskosten und Gehälter. Ein gut durchdachter Plan ist auch die Grundlage für Gespräche mit Banken und Investoren.

    5. Finanzierung klären

    Die Finanzierung Ihrer Praxis kann durch Eigenkapital, Bankdarlehen oder staatliche Förderungen erfolgen. Es ist wichtig, frühzeitig mit Banken und potenziellen Investoren zu sprechen, um die besten Finanzierungskonditionen zu erhalten. Erstellen Sie eine detaillierte Finanzplanung, um Ihren Kapitalbedarf zu ermitteln. Nutzen Sie auch Förderprogramme und Zuschüsse, die speziell für die Gründung von Arztpraxen angeboten werden. Eine solide Finanzierung sichert die Stabilität und Liquidität Ihrer Praxis in der Anfangsphase.

    6. Rechtsform wählen

    Die Wahl der Rechtsform hat weitreichende rechtliche und steuerliche Auswirkungen. Die häufigsten Rechtsformen für Arztpraxen sind:

    • Einzelpraxis: Als Einzelunternehmer tragen Sie das volle Risiko und haften mit Ihrem gesamten Vermögen. Sie haben jedoch die volle Entscheidungsfreiheit und Flexibilität.
    • Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR): Eine GbR ist eine einfache und kostengünstige Rechtsform für Gemeinschaftspraxen. Die Gesellschafter haften gemeinsam und unbeschränkt mit ihrem Privatvermögen.
    • Partnerschaftsgesellschaft (PartG): Die PartG ist speziell für Freiberufler konzipiert und bietet Vorteile bei der Haftungsbeschränkung. Jeder Partner haftet nur für seine eigenen beruflichen Fehler.
    • GmbH: Die GmbH bietet eine Haftungsbeschränkung auf das Gesellschaftsvermögen und kann steuerliche Vorteile bieten. Sie erfordert jedoch ein höheres Gründungskapital und einen höheren Verwaltungsaufwand.

    Beraten Sie sich mit einem Anwalt oder Steuerberater, um die beste Rechtsform für Ihre individuelle Situation zu wählen.

    7. Steuerberatungsbüro suchen

    Ein Steuerberater hilft Ihnen, die steuerlichen Anforderungen zu erfüllen und die besten steuerlichen Vorteile zu nutzen. Wählen Sie einen Berater, der Erfahrung im Gesundheitssektor hat. Ein kompetenter Steuerberater kann Sie bei der Buchhaltung, Steuererklärungen und der Optimierung Ihrer Steuerlast unterstützen. Er berät Sie auch bei der Wahl der richtigen Rechtsform und hilft Ihnen, finanzielle Risiken zu minimieren.

    8. Anwaltskanzlei suchen

    Eine Anwaltskanzlei kann Sie bei rechtlichen Fragen und Verträgen unterstützen. Ein Anwalt mit Spezialisierung im Medizinrecht ist besonders wertvoll. Er hilft Ihnen bei der Erstellung von Verträgen, der Einhaltung von gesetzlichen Vorgaben und bei rechtlichen Auseinandersetzungen. Eine rechtliche Beratung ist besonders wichtig bei der Gründung, Übernahme oder Schließung von Praxen sowie bei Haftungsfragen und Arbeitsverträgen.

    9. Mietvertrag/ Kaufvertrag abschließen

    Finden Sie geeignete Praxisräume und schließen Sie einen Miet- oder Kaufvertrag ab. Achten Sie darauf, dass der Vertrag alle notwendigen Klauseln für Ihren Betrieb enthält. Berücksichtigen Sie dabei Aspekte wie Mietdauer, Kündigungsfristen, Renovierungspflichten und Nutzungsbedingungen. Ein Anwalt kann Ihnen helfen, den Vertrag rechtlich zu prüfen und mögliche Fallstricke zu vermeiden.

    10. Versicherungen abschließen

    Versicherungen sind essenziell, um Risiken abzudecken. Zu den wichtigen Versicherungen gehören:

    • Berufshaftpflichtversicherung: Diese Versicherung schützt Sie vor Schadensersatzansprüchen, die aus beruflichen Fehlern oder Versäumnissen entstehen können. Sie ist für Ärzte verpflichtend.
    • Inhaltsversicherung: Diese Versicherung deckt Schäden an Ihrer Praxiseinrichtung und Ihrem Inventar ab, z.B. durch Feuer, Wasser oder Einbruch.
    • Betriebsunterbrechungsversicherung: Diese Versicherung sichert Ihre Einnahmen ab, wenn Ihre Praxis durch einen Schaden vorübergehend geschlossen werden muss.

    Prüfen Sie auch weitere Versicherungen wie Rechtsschutz- und Unfallversicherungen, um umfassend abgesichert zu sein.

    11. Arztregistereintragung

    Tragen Sie sich in das Arztregister ein, um offiziell als Arzt praktizieren zu dürfen. Diese Eintragung ist Voraussetzung für die Abrechnung mit den gesetzlichen Krankenkassen. Die Eintragung erfolgt bei der zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung (KV) und erfordert Nachweise über Ihre Approbation und Facharztanerkennung.

    12. Meldung an die Ärztekammer

    Die Ärztekammer ist Ihre berufsständische Vertretung. Sie müssen Ihre Praxis dort anmelden und Mitgliedsbeiträge zahlen. Die Ärztekammer bietet Fortbildungen, berufsrechtliche Beratung und unterstützt Sie bei berufspolitischen Fragen. Die Mitgliedschaft ist verpflichtend und dient der Qualitätssicherung und Interessenvertretung der Ärzte.

    13. Meldung an Gesundheitsamt

    Informieren Sie das örtliche Gesundheitsamt über die Eröffnung Ihrer Praxis. Dies ist wichtig für die Überwachung und Einhaltung der Hygienevorschriften. Das Gesundheitsamt überprüft regelmäßig die hygienischen Bedingungen in Ihrer Praxis und gibt Ihnen Hinweise zur Verbesserung der Patientensicherheit und Infektionsprävention.

    14. Meldung an Versorgungswerk

    Das Versorgungswerk ist für die Altersvorsorge der Ärzte zuständig. Melden Sie sich dort an, um Ihre Rentenansprüche zu sichern. Die Mitgliedschaft im Versorgungswerk ist verpflichtend und dient der Absicherung im Alter, bei Berufsunfähigkeit und im Todesfall. Das Versorgungswerk bietet eine berufsspezifische und attraktive Altersvorsorge.

    15. Meldung beim Finanzamt

    Registrieren Sie Ihre Praxis beim Finanzamt, um eine Steuernummer zu erhalten und steuerlich erfasst zu werden. Diese Meldung ist notwendig, um Ihre steuerlichen Pflichten zu erfüllen und Rechnungen ausstellen zu können. Das Finanzamt berät Sie auch zu umsatzsteuerlichen Fragen und zur korrekten Buchführung.

    16. Evtl. Anmeldung beim TÜV

    Abhängig von den medizinischen Geräten, die Sie verwenden, kann eine Anmeldung und Überprüfung durch den TÜV erforderlich sein, um sicherzustellen, dass alle Geräte den gesetzlichen Anforderungen entsprechen. Der TÜV prüft die Sicherheit und Funktionalität Ihrer Geräte und stellt entsprechende Zertifikate aus. Dies ist besonders wichtig für Geräte, die eine hohe Sicherheitsanforderung haben, wie z.B. Röntgengeräte und Laboreinrichtungen.

    17. Für Mitarbeitende – Arbeitsverträge und Anmeldung GKV

    Wenn Sie Mitarbeitende einstellen, müssen Sie Arbeitsverträge erstellen und Ihre Mitarbeitenden bei der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) anmelden. Ein schriftlicher Arbeitsvertrag regelt die Rechte und Pflichten beider Parteien und schafft Klarheit über Arbeitszeiten, Gehalt, Urlaubsansprüche und Kündigungsfristen. Die Anmeldung bei der GKV ist gesetzlich vorgeschrieben und stellt sicher, dass Ihre Mitarbeitenden krankenversichert sind und Sozialversicherungsbeiträge abgeführt werden.

    18. Praxismarketing – Eigene Website, Google Places & Co.

    Ein effektives Praxismarketing ist entscheidend, um Patienten zu gewinnen. Erstellen Sie eine professionelle Website, die Ihre Leistungen, Ihr Team und Ihre Kontaktdaten übersichtlich darstellt. Nutzen Sie Online-Plattformen wie Google Places, um Ihre Praxis lokal sichtbar zu machen und in den Suchergebnissen aufzutauchen. Weitere Marketingmaßnahmen können Social Media, lokale Werbung und Patientenbewertungen umfassen. Ein gezieltes Marketing stärkt Ihre Präsenz und trägt zur Patientenbindung bei.

    Die Eröffnung einer Arztpraxis erfordert umfangreiche Planung und Organisation. Indem Sie die oben genannten Schritte sorgfältig durchführen, können Sie eine erfolgreiche Praxis gründen und betreiben. Viel Erfolg bei Ihrem Vorhaben!

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